David Behre ist im September 2007 ein ganz normaler junger Mann. Doch mit einem Schlag verändert sich sein Leben. Bei einem unverschuldeten Unfall verliert er im Alter von 20 Jahren beide Unterschenkel. Noch im Krankenhaus beginnt David, das traumatische Erlebnis zu überwinden. Er fasst den Entschluss, Profisportler zu werden. Mit unglaublicher Willenskraft, Ausdauer und Leidenschaft kämpft er sich ins Leben zurück. Er wird Sprinter – im Oktober 2015 Weltmeister und im September 2016 Paralympics-Sieger.

Heute ist David ein erfolgreicher Athlet, er hält Vorträge und tritt in Talkshows auf, reist mit der Nationalmannschaft in fremde Länder und trifft berühmte Persönlichkeiten. Er führt ein Leben, von dem andere nur träumen.  Davids Geschichte zeigt uns, dass das Leben auch nach furchtbaren Schicksalsschlägen weitergeht und immer noch lebenswert ist, wenn man an sich glaubt und nicht den Mut verliert. 

Die Leidenschaft ist zurück – mit Vollgas nach Tokio!

Es ist der 15. September 2016 und ich habe meine Geschichte zu Ende gebracht – vorläufig wenigstens. Nach dem Finale über 400 Meter bei den Paralympics in Rio de Janeiro fliege ich nach Hause. Im Gepäck habe ich einen kompletten Medaillensatz: Gold mit der Staffel über 4×100 Meter, Silber über „meine“ 400 Meter und Bronze über 200 Meter.

Ich gönne mir ein paar Monate Pause, um Abstand zu gewinnen und über alles nachzudenken. Was ich da noch nicht ahne: Der größte Frust kommt erst. Ich will 2017 zurück nach London – jene tolle Stadt, in der ich 2012 meine ersten Paralympics erleben und gegen Oscar Pistorius laufen durfte.  Außerdem will ich meinen WM-Titel von 2015 über 400 Meter verteidigen. Es bleibt ein schöner Plan. Mitte Juli bin ich schon mit der Mannschaft in England, als die muskulären Probleme wieder stärker werden. Am Ende muss ich mich dem „Befehl“ der Ärzte beugen und den Start absagen. Was mir bleibt: Zuschauen und Daumendrücken für die anderen. Ich beschließe, eine längere Pause einzulegen. Und ich glaube, dass ich bald auf die Bahn zurückkehren kann.

Das Wintertraining 2017 und der Anfang des Jahres 2018 stimmen mich zuversichtlich, dass es jetzt tatsächlich klappt. Ich will wenigstens bei den Europameisterschaften im August in Berlin zurück sein. Daraus wird wieder nichts. Diagnose nach eingehenden Untersuchungen: Bandscheibenvorfall. Was bleibt? Aufgeben sicher nicht, obwohl ich in der einen oder anderen Minute zumindest mal ganz kurz daran gedacht habe. Ich erinnere mich plötzlich an die Zeit nach dem Unfall, bei dem ich beide Unterschenkel verloren habe und der mich letztlich doch erst zum erfolgreichen Sportler gemacht hat. Das kannst du nicht wegwerfen, denke ich mir. Das schaffst du wieder. Du kommst zurück.

Stabilitätstraining für den ganzen Körper ist das Zauberwort. „Meine“ Mediziner sagen mir zu, dass die Aussichten gut sind – wenn ich denn den Plan konsequent einhalte. Heute kann ich sagen: Sie hatten hundertprozentig recht. Dass es für die EM in Berlin nicht mehr ganz reicht, hatte ich längst geahnt. Und es wirft mich deshalb nicht mehr total um. Besonders heiter war die ganze Saison natürlich trotzdem nicht. Dann ist das so: Als Wettkampfjahr ist 2018 auch nicht richtig geil.

Inzwischen bin ich komplett schmerzfrei – und es geht mir so gut wie ganz, ganz lange nicht. Ich gehe jeden Tag mit mehr Freude zum Training, das ich auf Anraten der Ärzte ein bisschen umgestellt habe.  Ich werde mich vorerst auf die kürzeren Sprintstrecken konzentrieren und meinem Körper das Training für die „mörderischen“ 400 Meter bis auf Weiteres nicht mehr zumuten. Wer weiß? Vielleicht probiere ich es eines Tages einfach so. Ohne den ganz großen Druck. Inzwischen habe ich aber entdeckt, dass die kürzeren Sprintstrecken einen ganz eigenen Reiz haben. Vor allem über die 100 Meter will ich echt gerne probieren, was geht. Ich spüre die alte Leidenschaft und ich spüre, dass da noch etwas Wichtiges zu erledigen ist. Dieser Sport und die Teilnahme an den Paralympics sind für mich wie eine Sucht, von der ich einfach nicht loskomme – und von der ich überhaupt nicht loskommen will. Ich muss 2019 noch einmal zu den Weltmeisterschaften und ich muss 2020 noch zu den Paralympics nach Tokio.

Ich glaube, dass Japan noch einmal ein echtes Highlight wird. Ich werde es genießen. Denn es ist einfach geil, ein Sportler zu sein. Im Dezember fahren wir für zwei Wochen ins Trainingslager nach Südafrika – und ich bin unheimlich heiß darauf. Zwei Jahre musste ich darauf warten, wieder richtig Vollgas zu geben. Vor 2016 habe ich gesagt: Ich will Rio rocken. Jetzt gilt: Ich will Tokio rocken.